Bei Kritik im Seminar richtig reagieren
Ein Praxisbeispiel für Sie

Sie können mir glauben, wenn ich sage, daß Sie öffentliche Bilder verwenden können…
„Zack“, das sollte treffen. Und das sollte sicherlich die Diskussion auch beenden. Vorhergegangen war ein Wortwechsel zwischen der Kursleiterin und einer Teilnehmerin: Darf man Bilder aus dem Netz auf dem eigenen Blog nutzen? Die Kursleiterin meinte „Ja“, die Teilnehmerin warnte und verwies auf die DSGVO und die Urheberrechte.

Dieses Machtwort ging nach hinten los
Dieses Machtwort sollte die Diskussion beenden. Tat es aber nicht, denn die Replik der Teilnehmerin kam prompt: „Dann sollten sich jetzt alle eine Notiz machen und die Schadenersatzforderungen an die Referentin richten. – Und jetzt sollten wir die Diskussion beenden. Da werden wir uns nicht einig…“ – Gestärkt gingen weder die Kursleiterin, noch die Teilnehmerin aus der Auseinandersetzung hervor. Die Stimmung war noch lange getrübt.

Was tun bei solch einer Kritik?
Doch wie sollten Sie als Kursleitung, Referent oder Trainer (bitte denken Sie sich das „-in“ dazu) mit einem solchen Einwand umgehen? Kurz vorab: So besser nicht. Und dafür gibt es mehrere Gründe:
- Die Kursleiterin hat die Kritik interpretiert – und das negativ. Sie wertet sie als persönlichen Angriff auch auf ihre Kompetenz
- Die Kursleiterin hat infolge dessen nicht souverän reagiert.
- Öffentliche Auseinandersetzungen führen fast immer zu irrationalen Reaktionen.
- Kursleiter werden für ihren Unterricht bezahlt, nicht für einen Streit und nicht für das letzte Wort.
Vielleicht ziehen Sie jetzt eine Fluntsch, weil Ihnen diese Antworten nicht gefallen. Doch hier hilft keine Beschönigung:

Reagiere souverän
Wie ich es gerade sagte: In diesem Fall hat die Kursleiterin nicht souverän reagiert. Souverän zu reagieren bedeutet, daß Sie vorher bewußt entscheiden: Will ich überhaupt darauf reagieren? Macht eine Reaktion darauf Sinn? Souverän entscheiden bedeutet, daß wir auch jederzeit aufhören können. Souveränität bedeutet: Ich entscheide. – Nicht mein Unterbewußtes entscheidet. Diese Prüfung hat ganz offensichtlich nicht statt gefunden.
Bleiben wir beim konkreten Fall, es geht um Urheberrechtsverletzungen. Das ist teuer für Betroffene. Daher muss hier eine Antwort mit großer Sorgfalt erfolgen. Doch ein Machtwort auf einer solchen Basis zeigt genau das nicht. Das merken die Teilnehmer früher oder später. Viele googeln schon während der Seminare und prüfen die Aussagen. Wenn dann auch noch dazu kommt, daß der/die Teilnehmer Recht hat, kommt es für Sie als Kursleiter zum Supergau. – Nicht schön.

Kämpfen Sie nicht, wenn Sie nicht müssen
Doch selbst, wenn die Kursleiterin die Auseinandersetzung gewonnen hätte, ein Imageverlust bleibt. Sie war nicht souverän genug, die Auseinandersetzung zu vermeiden oder so beizulegen, daß es zu einem „Waffenstillstand“ gekommen ist.
Die Gruppe wird also nicht aus Spannung und Polarisation herausgeholt. Das ist für den weiteren Lernerfolg nicht gut.

Öffentliche Auseinandersetzungen kosten uns unsere Vernunft
Auseinandersetzungen in der Öffentlichkeit versetzen uns immer in eine Ausnahmesituation. Wir sind empfindlicher und neigen zum überreagieren. Diese oft extremen Reaktionen wirken auf Außenstehende irrational. Wir sprechen in diesen Fällen von Gewalt- oder Aggressionsspiralen, in die wir uns treiben lassen und selbst hinein treiben.
Kurz unser Ego macht die Auseinandersetzung zum Selbstzweck und wir sehen nur noch Sieg oder Niederlage. Das können wir nicht gewinnen. Unsere Teilnehmer merken das. Also: Lassen Sie es.

Machen Sie sich bewußt, wofür Sie da sind
Für Auseinandersetzungen? Für Ihr Ego? Nein, Sie wurden für Ihre – hoffentlich vorhandene – Sachkompetenz engagiert. Also bleiben Sie bei der Sache, dann überzeugen und gewinnen Sie automatisch. Ihre Teilnehmer wollen Sachinformationen. Also nutzen Sie die Zeit dafür und bleiben Sie bei Ihrem Arbeitsauftrag.
Vermeiden Sie Auseinandersetzungen im Seminar
Vermeiden Sie Auseinandersetzungen, in dem Sie vorschlagen:
- sie zurückstellen zu dürfen
- sie in die Pause verlegst
- sie an die Teilnehmer weiterreichen
Und das machen Sie am besten ganz, ganz freundlich.

Fazit
Öffentliche Kritik führen oft zu irrationalem Verhalten der Beteiligten und einem Verlust an Autorität, weil wir impulsiv oder unsachlich handeln, statt sachlich und professionell zu reagieren. Nehmen Sie sich Zeit zu entscheiden, ob und wie Sie auf Einwände eingehen. Vermeiden Sie Konflikte möglichst, richten Sie Ihren Fokus auf den Lernerfolg der Teilnehmer. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in einer sachlichen und respektvollen Gesprächsführung.
Und nun viel Erfolg bei Ihrer nächsten Kritik 😉

Weiterführende Informationen
Möchten Sie wissen, warum sich so viele Kritiker nicht beschweren? Hier finden Sie mehr dazu.